Tradition Bremer Kaufleute wird auf dem Golfplatz lebendig
Julia Westhoff I Gesehen haben wir sie alle schon mal, in der Innenstadt beim Schlendern durch die Wallanlagen oder vor unserer Haustür in den Oberneulander Parks: Gehölze, die auf den ersten Blick so gar nichts mit unseren Birken, Buchen und Eichen gemeinsam haben. Ausgefallene Blattformen, sehr exotische und manchmal auch ungewöhnlich späte Blüten und bizarre Früchte. Und das ist typisch bremisch, ja sogar typisch hanseatisch. Denn die Kaufleute der Hanse haben nicht nur Waren wie Kaffee, Kakao und Baumwolle aus fernen Ländern in unsere Heimat importiert, sondern sie haben auch Gehölze mitgebracht und diese großzügig auf ihren Vorwerken und Landgütern angepflanzt. Zum einen als Statussymbol: seht mal wo ich überall Handel treibe; zum anderen aber auch aus Interesse, ob diese Pflanzen unter bremischen Klimaverhältnissen wachsen können, vielleicht sogar blühen und mit ein wenig Glück Früchte entwickeln.
Justin Iken, Bremer Kaufmann aus Oberneuland, ist dieser Tradition gefolgt und hat sich im Laufe der Jahre eine bemerkenswerte Sammlung an Gehölzen zugelegt und gleichzeitig ein erstaunliches botanischen Wissen angeeignet.
Justin Iken hatte aber noch etwas anderes: Ländereien in einer Lage, die Begehrlichkeiten beim Golf-Club Oberneuland weckten, als dieser seine 9-Loch-Anlage auf 18 Bahnen ausweiten wollte. Das führte zu zähen Verhandlungen, denn Herr Iken hatte sein Land für die prächtigen Gehölze bestellt und nicht für millimeterkurzen Rasen auf dem Menschen kleinen weißen Bällen hinterherlaufen.
Das Ergebnis war ein ehrenwerter Kompromiss, bei dem sich zunächst beide Seiten überfordert fühlten, von dem zuletzt aber alle profitierten. Der Golf-Club konnte die begehrten Flächen pachten und als Gegenleistung wurden nicht nur auf diesen, sondern auf dem gesamten Golfplatz seltene Gehölze angepflanzt. Das System hierzu hat Herr Iken vorgegeben, ebenso die Gattungen und Arten, in wenigen Ausnahmefällen auch Sorten der Gehölze. Eine Liste mit nahezu 1000 botanischen Namen der vorgesehenen Pflanzen ergänzt den Pachtvertrag. Die Mehrzahl davon kann schon seit vielen Jahren auf dem Golfplatz bewundert werden, ein Großteil hat es tatsächlich auch zu Blüten und Früchten geschafft und einige verzaubern durch eine faszinierende Herbstfärbung. Aber die von Herrn Iken ausgewählten Arten sind zum Teil in Mitteleuropa so selten, dass es immer noch eine Herausforderung ist, besondere Baumschulen zu finden, bei denen diese dann in guter Qualität erworben werden können. Leider sind auch ab und an Ausfälle zu beklagen, sei es durch Frost oder Trockenheit, manchmal auch durch spezielle Krankheiten. Diese Verluste halten sich jedoch in Grenzen, denn der Golf-Club ist den Vorgaben von Herrn Iken, die Pflege durch hochqualifiziertes Fachpersonal sicher zu stellen, schon seit vielen Jahren mit einem professionellen gärtnerischen Team nachgekommen.
Neugierig geworden? – Dann schauen Sie doch einfach mal nicht nur auf den kurzen grünen Rasen, sondern blicken nach rechts und nach links. Was Ihnen hier geboten wird, übertrifft die Vielfalt der Wallanlagen und der Oberneulander Parks um Längen. Darüber hinaus wird der Wert der Anpflanzungen erheblich dadurch gesteigert, dass jedes Gehölz mit einem Etikett versehen ist. Darauf stehen die wissenschaftlichen und volkstümlichen Namen zusammen mit dem Herkunftsland. Also fast schon ein kleiner Botanischer Garten, oder eben ganz einfach: ein Arboretum.